Am Donnerstag diskutieren die Ausschüsse über die Zukunft des Stadtbads Oderberger Straße. Das Realace-Konzept verstößt gegen die Sanierungssatzung und sollte damit nicht mehrheitsfähig sein.
In der Welt der Bürokratie war das wohl nur ein Wimpernschlag: Nachdem Mitte Juni die Stiftung Denkmalschutz Berlin den Bezirk bei der Suche nach einem neuen Investor für das Stadtbad Oderberger Straße um Hilfe bat, setzen sich nun am Donnerstagabend die Politiker offiziell mit den drei Kaufinteressenten auseinander. In einer gemeinsamen Sitzung beraten die beiden Ausschüsse für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung und für Finanzen, Immobilienmanagement und Personal öffentlich über die Konzepte der GLS Sprachenschule, des Investors Jasper de Gier und des Projektentwicklers Realace. Wobei letzterer wohl kaum Chancen haben dürfte, die Mehrheit der Ausschussmitglieder für sich zu begeistern, da er eine der Hauptforderungen, die Nutzung als öffentliches Bad, nicht erfüllt.
In den Sanierungsplänen für das Sanierungsgebiet Teutoburger Platz, zu dem das Bad gehört, sowie im Kaufvertrag ist vorgesehen, das einstige Stadtbad wieder als öffentliches Schwimmbad in Betrieb zu nehmen. Während die Pläne der beiden anderen Interessenten diesen Vorgaben folgend planen, das Becken wieder mit Wasser zu füllen, heißt es in dem Konzept von Realace: „Der in der Sanierungssatzung definierte Zweck der ,öffentlichen Infrastruktur‘ steht der dargestellten Revitalisierung im Wege“. Begründet wird diese Feststellung damit, dass man nicht gleichzeitig das Denkmal erhalten und ein den heutigen technischen und hygienischen Auflagen entsprechendes Schwimmbad bauen könne – zumindest nicht, wenn sich dieses noch wirtschaftlich rechnen solle. Daher habe man sich für die Einrichtung eines Wellnessbetriebes ohne klassisches Schwimmbecken entschieden, wofür die Sanierungssatzung geändert werden müsse.
Wellnessbetrieb mit angeschlossenem Hotel oder ein Hotel mit Spa?
Jedoch ist auch das nur die halbe Wahrheit, denn bei genauerer Betrachtung des Konzeptes von Realace fällt auf, dass nur 15 Prozent der insgesamt 11.500 Quadratmeter umfassenden Immobilie (inklusive Neubau) als Wellnessbereich genutzt werden sollen. Die Hälfte des Gebäudes ist als Hotel geplant; der Rest entfällt auf gastronomische Angebote, Parkhaus und Platz für die Technik. So wird aus der „Revitalisierung eines Badehauses“, von dem im Konzept die Rede ist, bei näherer Betrachtung die Einrichtung eines Hotels – ein Plan, in den auch das Engagement von Gekko Management als Betreiberfirma passt, die bislang vorwiegend im Hotelsektor aktiv sind und deren Erfahrung mit Schwimmbädern bei den Spa-Bereichen ihrer Hotels endet. Unter dieser Voraussetzung wird das Konzept von Realace am Donnerstag wohl kaum genehmigungsfähig sein.
Doch auch bei den anderen beiden Interessenten sind noch Fragen offen. Zwar sehen beide Konzepte die Einrichtung eines öffentlichen Bades sowie eine denkmalschutzgerechte Sanierung des Gebäudes vor. In wie weit die Pläne aber im Detail mit dem Denkmalschutz vereinbar sind, ist noch offen. Auch die Finanzierung der Baumaßnahmen, für die die GLS und Jasper de Gier sehr unterschiedliche Kosten veranschlagen, wird zu diskutieren sein. Beides – die Vereinbarkeit mit dem Denkmalschutz und die gesicherte Finanzierung – sollen aber auf Wunsch der BVV im Zuge des Auswahlverfahrens gleich mit abgesichert werden, damit nach den beiden gescheiterten Sanierungsvorhaben durch die Genossenschaft Stadtbad Oderberger Straße und die Stiftung Denkmalschutz der nächste Investor nicht wieder zum Reinfall wird.
Ob die Stiftung letztendlich der BVV-Empfehlung folgt, ist offen
Nach der Ausschusssitzung am Donnerstag soll die BVV dann bei ihrer Tagung Ende Oktober über den zukünftigen Investor abstimmen, an den die Stiftung dann ihrerseits verkaufen kann. Aber nicht muss, denn eine definitive Zusage, sich an die Empfehlung der BVV auch zu halten, gibt es nach Informationen der Prenzlauer Berg Nachrichten nicht. Dafür liegt der Redaktion ein Schreiben vor, in dem Christian Melcher als stellvertretender Vorsitzender der Stiftung die Revitalisierung des Bades nur in Form eines öffentlich zugänglichem Wellnessbetriebs mit einem kleineren Wasserbereich für möglich hält – womit er sich für das Konzept von Realace ausspricht. Es könnte also noch einmal spannend werden.
Zumal ebenfalls noch geklärt werden muss, ob einer der neuen Investoren bereit ist, der Stiftung zusätzlich zum Kaufpreis von 100.000 Euro weitere 500.000 Euro zu zahlen, die diese laut Informationen der Redaktion für Aufwand und Planungsleistungen fordert. Aus dem Umfeld der BVV ist zu hören, dass diese Planungen weder brauchbar noch ihr Geld wert seien. Falls sich keiner der interessierten Investoren zu diesen Zahlungen entschließen sollte, steht die Stiftung vor der Entscheidung, auf diese Kostenerstattung zu verzichten, oder den Verkauf platzen zu lassen und das Bad zum Ende des Jahres an den Liegenschaftsfonds zurück zu geben.
Die Sitzung der beiden Ausschüsse ist öffentlich und beginnt am Donnerstag um 17.30 Uhr im BVV-Saal in Haus 7 des Pankower Bezirksamtes in der Fröbelstraße. Auf der Tagesordnung steht neben der Vorstellung und Diskussion der Konzepte auch eine erste Einschätzung des Bezirksamtes zu deren Genehmigungsfähigkeit.
WEITERFÜHRENDER ARTIKEL: „Das könnte aus dem Stadtbad werden“, in dem die 3 Konzepte vorgestellt werden.
NEWSLETTER: Ab sofort gibt es jede Woche einen Newsletter, der unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden hält. Folgen Sie uns und melden Sie sich hier an!