Pankows Schulen leiden unter 100 Millionen Euro Sanierungsstau. Wie die Parteien im Bezirk damit umgehen wollen, steht im ersten Teil unserer Serie zur BVV-Wahl.
Am 18. September wird in Berlin gewählt, nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bezirksebene. Doch welche Pläne haben die Parteien, die um die Sitze in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung buhlen, für den Bezirk? In fünf Teilen stellen wir ihre Haltungen zu den für Pankow relevanten Themen vor. Befragt haben wir die derzeit in der BVV vertretenen Parteien sowie die Piratenpartei als aussichtsreichen Neuling.
Viele Beschwerden, die im Bezirksamt Pankow zum Thema Schule auflaufen, landen an der völlig falschen Adresse. Denn inhaltlich hat der Bezirk in dieser Sache nichts zu sagen. Ob Schulreform oder Lehrermangel, das alles sind Baustellen des Senats. Der Bezirk dagegen ist nur für die Gebäude und deren Ausstattung zuständig – in Pankow allerdings eine Aufgabe von großer Dimension. Sehr viel Geld ist in den vergangenen Jahren bereits geflossen, damit in dem Bezirk mit den ständig steigenden Schülerzahlen ausreichend Schulplätze zur Verfügung stehen. Dennoch spricht Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) weiterhin von einem Sanierungsstau von 100 Millionen Euro. Handlungsbedarf in dem Bereich besteht – nur wo sehen ihn die Parteien?
SPD
Die SPD möchte den Weg weitergehen, den Pankow seit Jahren beschreitet: Die Sanierung der Gebäude mit Hilfe aller zur Verfügung stehenden Fördertöpfe. Etwa 100 Millionen Euro habe man etwa in den vergangenen Jahren investieren können, indem man Programme wie die Städtebauförderung für Gebiete, die in sogenannten Förderkulissen liegen, sowie das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm und die Konjunkturprogramme von Land und Bund genutzte habe. Solcher Programme müsse sich Pankow auch in Zukunft bedienen. Zudem plädiert die SPD angesichts weiterhin steigender Schülerzahlen für den Neubau einer Gemeinschaftsschule im Bezirk. Neben einem pädagogisch nachgefragten Konzept biete diese Schulform den Vorteil, dass das Schulgebäude flexibel je nach Nachfrage mehr Grund- oder mehr Oberschüler aufnehmen könne.
Die Linke
Auch den Linken ist bewusst, dass Pankow in Zukunft weitere Schulgebäude und vor allem Sporthallen braucht. Da hohe energetische Standards, Behindertengerechtigkeit, Brandschutz und Amok-Alarmierung teuer seien, könne es eine schnelle Lösung der baulichen Probleme nicht geben. Derzeit würden neben der Investition des Großteils der bezirklichen Bauunterhaltungs- und Investitionsmittel von etwa acht Millionen Euro auch rund drei Millionen Euro aus dem Schul- und Schulsportanlagensanierungsprogramm des Landes in die Schulen investiert. Diese Programme müsste das Land Berlin deutlich aufstocken, fordert die Linke. Zudem müsse Pankow, wie bislang auch, intensiv Fördermittel einwerben. Zudem sei die Sicherung des Personals im Hochbauamt erforderlich.
Grüne
Die Grünen möchten für die bauliche und gleichzeitig energetische Sanierung der Schulen sowie ihrer An- und Neubauten deutlich mehr Mittel bereitstellen und diese zudem effizienter einsetzten. Abgewickelt werden sollen alle Maßnahmen der energetischen Sanierung über ein neues Stadtwerk Klimaschutz. Bei der Gesamtsanierung von Gebäuden sollen über Contracting-Modelle auch private Gelder mit einbezogen werden, die in die Wärme- und Stromversorgung sowie das Betreiben von Solaranlagen auf den Dächern fließen sollen.
Bislang werden Sanierungsmaßnahmen einer Dringlichkeitsliste der Bezirke folgend einzeln bewillig. Diese Praxis wollen die Grünen durch ein Anreizmodell ersetzen, bei dem die Mittel, die der Bezirk für die Schulsanierung einsetzt, durch einen Zweidrittel-Zuschuss des Landes kofinanziert werden.
CDU
Auskömmlich und bedarfsgerecht, so sollen die finanziellen Mittel sein, die den Schulen in Pankow zur Verfügung stehen, wenn es nach der CDU geht. Die Partei plant, statt eines jährlichen Budgets pro Schule einen Schulreparaturfonds für die Umsetzung größerer Bauvorhaben zu schaffen. Zudem soll ein umfassendes Konzept zur effektiven Bewirtschaftung und Instandhaltung der Schulgebäude und Kindertagesstätten sowie anderer öffentlicher Gebäude erarbeitet werden. Darüber hinaus wünscht sich die Partei eine größere Autonomie der Schulen, was mit dem Ausbau des Schulsponsorings einhergeht. Um Verschmutzungen und Vandalismus vorzubeugen, soll die Eigenverantwortung der Schüler gestärkt werden.
FDP
Die FDP sieht in Pankow noch Einsparpotential, nur im Bildungssektor gelte es, die Investitionen zu steigern. Ein akzeptable Raum- und Personalausstattung müsse gewährleistet werden; alles andere trete dahinter zurück. Darüber hinaus fordert die Partei, den Schulen mehr Spielraum zu geben und ihnen mehr Kompetenzen zu übertragen, etwa über inhaltliche Schwerpunkte oder bei der Einstellung der Lehrer. Oft sei bei Lehrern und Schülern viel Eigeninitiative vorhanden, die aber durch verwaltungstechnische Barrieren ausgebremst würde. Dieses Potential will die Partei erschließen.
Piraten
Für die Piraten ist die Schulreform des letzten Jahres eine getarnte Sparmaßnahme gewesen, angesichts derer Senat und Bezirke wieder mehr Geld für Bildungseinrichtungen bereit stellen müssten. Das allein reiche allerdings nicht – es gelte auch, die Mittel richtig einzusetzen. Die Piraten plädieren dafür, dass Bildungseinrichtungen autonom über Budgets verfügen und auch selbst Aufträge auslösen können. Daher müsse auch die schon lange geforderte Umstellung der Berliner Verwaltung auf doppelte Buchführung massiv vorangetrieben werden.
HINTERGRUNDINFOS ZUR WAHL 2011:
Drei Stimmen, eine Wahl: Abgeordnetenhausdirektkandidaten, Abgeordnetenhausparteien und Bezirksverordnetenversammlung, wir haben die Wahl. Bitte was?
BVV, Bezirksamt oder Senat – Wer hat das Sagen? Die BVV darf empfehlen, kontrollieren und um Auskunft bitten, doch die endgültigen Entscheidungen fällt meist das Bezirksamt. Oder der Senat.
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