Prenzlauer Berg ist bunt: Immerhin 16,6 Prozent der Bewohner haben einen Migrationshintergrund. Einige von ihnen treffen sich im Interkulturellen Haus Pankow.
Auf der Speisekarte am Eingang begegnet das indische Huhn dem Schweinebraten mit Klößen. Im Interkulturellen Haus kommen die verschiedene Kulturen des Kiezes zusammen, und das schlägt sich eben auch auf der Tageskarte des Cafés im ersten Stock nieder. Seit 2002 beherbergt das Haus in der Schönfließer Straße mehrere Migrantenvereine und ist Anlaufstelle für viele Zuwanderer, die neu in den Bezirk kommen.
An einem der Tische im Café verhandelt Anita Mutvar mit dem Mann in Latzhose, der soeben noch an der Eingangstür gewerkelt hatte. „Das Haus steht unter Denkmalschutz, deswegen können wir immer nur in kleinen Schritten notwendige Reparaturen durchführen“, erklärt die junge Frau, die hier alle Fäden in der Hand hält. In ihrer Person vereinen sich die beiden Ziele des Hauses: Einerseits koordiniert Anita Mutvar die verschiedenen Migrantenvereine, die das interkulturelle Haus beherbergt, und gleichzeitig leitet sie die Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus.
Vernetzung stärkt
„Da es hier im Bezirk relativ wenig Menschen mit Migrationshintergrund gibt, neigen viele dazu zu denken, dass es weniger rechtsradikal motivierte Vorfälle gibt, aber das ist nicht der Fall. Die Anzahl solcher Vorfälle steigt“, so Mutvar. 2010 hat das Pankower Register 115 Vorfälle zusammengetragen, die unter anderem rassistisch oder antisemitisch motiviert waren. Die Mehrheit sind Propagandadelikte, an zweiter Stelle kommen mit 17 Prozent Bedrohungen, Beleidigungen und Pöbeleien. Die Strategie des interkulturellen Hauses: Aufklären und Vernetzen. „Die verschiedenen Migrantenvereine hier im Bezirk sind bisher nicht so gut vernetzt, und Einzelkämpfer sind einfach ungeschützter“, so Mutvar.
Innerhalb des Bezirks Pankow ist Prenzlauer Berg der Kiez mit den meisten Einwohnern mit Migrationshintergrund, 2010 waren es insgesamt 16,6 Prozent. Die meisten von ihnen kommen aus der Europäischen Union oder sind Spätaussiedler. An nächster Stelle kommen Vietnamesen, vor allem Nachfahren derer, die als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen waren. So führt die Treppe in den zweiten Stock des Hauses dann auch vorbei an bunten Plakaten mit Motiven aus Vietnam. Hier hat der Club Asiaticus seine Räume. Jeden Mittwoch treffen sich Vietnamesinnen zum Frühstück, freitags wird zusammen gekocht und zweimal in der Woche gibt es Deutsch- und Vietnamesischkurse. Im Hinterhaus wiederum hat die deutsch-armenische Initiative ihr Büro, jeden Montag lädt sie zum Beispiel zum offenen Schachabend ein. Und hier ist auch genug Platz für die Deutschkurse, die der Verein Oase Berlin für neu Zugewanderte aus den unterschiedlichsten Ländern anbietet.
Anschluss an die Nachbarschaft
„Wir verstehen uns als Treffpunkt für all diejenigen, die hier vor Ort wohnen“, so Anita Mutvar. Damit meint sie nicht nur die Vernetzung der Migrantenvereine untereinander, sondern auch mit der Nachbarschaft: Es gibt eine Filmreihe, ein Erzählcafé und regelmäßige Vorträge zu interkulturellen Themen. Es sei ist nicht immer einfach diesem Anspruch, gerecht zu werden, sagt Mutvar. „Berlin hat einfach ein sehr großes Alternativangebot und hier in der Gegend wohnen viele Familien, die zeitlich sehr eingespannt sind.“ Aber das Frühlingsfest sei sehr gut angekommen und inzwischen habe sich auch herumgesprochen, dass es im Café Oase einen leckeren und bezahlbaren Mittagstisch gibt. Es ist für alle offen.
Tipp:
Diesen Donnerstag lädt das interkulturelle Haus Pankow zu einem Perspektivwechsel ein: Werden Sie für einen Abend Flüchtling. „In der Schwebe sein“ heißt der Abend mit Kurzfilm, Diskussion und Erfahrungsaustausch.
Interkulturelles Haus Pankow, Donnerstag, 21. Juli, 19 Uhr, Schönfließer Str. 7, www.ikhp.de