Gesunde Bäume, die in voller Blüte radikal zurückgesutzt werden? Das sind umsturzgefährdete Traubenkirschen, sagt Umweltstadtrat Matthias Köhne.
Es mag an der fortgeschrittenen Uhrzeit, vielleicht aber auch am Thema liegen – Bezirksbürgermeister und Umweltstadtrat Matthias Köhne klingt am Telefon ziemlich geschafft, als er sagt: „Vielleicht haben Sie schon mal von dem Problem der Traubenkirschen gehört.“
Seit einiger Zeit trudeln bei den Prenzlauer Berg Nachrichten immer wieder Hinweise von Lesern ein, dass bei ihnen in der Straße der Baumschnitt zugeschlagen habe. Von Bäumen, die in voller Blüte zu kläglichen Stammresten zusammengeschnitten werden, ist da die Rede. Von trostlosen Straßenzügen. Von bemittleidenswerter Natur. Und vor allem von einem Bezirksamt, dass vielleicht von Politik eine Ahnung habe, aber nicht von Baumpflege und Ästhetik.
Traubenkirsche: Ein Baum ohne Perspektive
„Mit der Traubenkirsche haben wir vor 20 Jahren einen Baum gepflanzt, der keine Perspektive hat“, erklärt Köhne. Eigentlich müsste man die Bäume alle fällen. Doch wegen der Anwohnerproteste, die ein solcher geplanter Kahlschlag bisher jedes Mal mit sich gebracht habe, sei das Amt nun zu einer anderen Taktik übergegangen: „Wo akute Gefahr besteht, werden die Bäume massiv zurückgeschnitten, um keine Windangriffsflächen zu bieten.“ Und auch das sei ein Entgegenkommen: „Die Empfehlung lautet, die Bäume bis auf den Stamm zu kürzen. Aber ein solcher Kahlschlag kommt für uns nicht in Frage.“
Ein Glück, möchte man sagen, ist die Traubenkirsche doch ein Baum, der viel auf sein Äußeres gibt. So vermag er es auch dann noch in voller Blüte zu stehen, wenn ihn eine Krankheit namens Wurzelfäule bereits sämtlicher Standhaftigkeit beraubt hat. Eine Eigenschaft, die die Wut auf das Bezirksamt natürlich noch befeuert, wenn Anwohner plötzlich die so gesund erscheinenden Bäume in ihrer Straße von der Säge bedroht sehen.
Vor allem wegen der nistenden Vögel dürften Bäume eigentlich in der Zeit von Anfang März bis Ende September nicht gefällt werden, sagt Köhne. „Die Verkehrssicherungspflicht hebelt diese Vorgabe auf öffentlichen Flächen aber aus.“ Daher werde auch mitten im Sommer immer mal wieder die Säge angesetzt.
Eine schleichende Verdrängung des perspektivlosen Problembaums, könnte man sagen.