Kleine Geschichte der fernen Wärme

von Juliane Schader 7. Juni 2011

Berlin hat das größte Fernwärmenetz Europas – dank Angst vor Bränden und dem Autarkiebestreben der einst geteilten Stadt.

Die Idee, Wohnungen und warmes Wasser mit der Wärme zu beheizen, die bei der Stromproduktion eh anfällt, klingt zwar nach neumodischem Öko-Bewusstsein, ist aber mehr als 100 Jahre alt. Die Hamburger Elektrizitätswerke kamen damals auf die Idee, testweise Dampf zum Heizen in das benachbarte Rathaus zu leiten. Anfang des 20. Jahrhunderts folgte man auch in Berlin diesem Beispiel und versorgte als erstes das Rathaus Charlottenburg mit einer Dampfheizung, die vom Kraftwerk Charlottenburg gespeist wurde.

Motivation für diese technischen Neuerungen waren weniger der Umweltschutz oder eine bessere Ressourcenausnutzung, sondern vor allem die stetige Brandgefahr, die von den Kohleöfen ausging. Zudem wurde mit der Fernwärme auch die Luftverschmutzung aus den Stadtzentren zu den Kraftwerken ausgelagert.

 

Im geteilten Berlin setzten Ost wie West auf Fernwärme

 

Einen besonderen Aufschwung erlebte die Fernwärme in Berlin nach dem 2. Weltkrieg in Ost wie West, da sie eine gewisse Autarkie von fossilen Brennstoffen mit sich brachte. „In der DDR war Fernwärme sehr verbreitet, einfach aus dem Mangel heraus: Es gab nicht genug Gas“, erklärt Wolf-Dietrich Kunze, Vorstandsmitglied bei Vattenfall Europe. Hauptenergielieferant sei die Braunkohle gewesen, die man nur in zentralen Anlagen verfeuern konnte. „Beim Bau neuer Wohnsiedlungen, in Prenzlauer Berg etwa dem Ernst-Thälmann-Park, wurden diese gleich ans Fernwärmenetz angeschlossen. Die Altbaugebiete blieben derweil unterversorgt.“

Heute sind laut Kunze im Osten Berlins knapp 50 Prozent, im Westen knapp 14 Prozent der Gebäude an das Fernwärmenetz angeschlossen. Das entspricht insgesamt einem Marktanteil von gut einem Drittel, Tendenz steigend: „Derzeit sind in Berlin etwa 600.000 Wohnungen an das Fernwärmenetz angeschlossen. Jedes Jahr kommen weitere 20.000 dazu“, so Kunze. Laut Volker Gustedt, Sprecher der Berliner Energieagentur, hat Berlin mit 1500 km Rohrleitungen das größte Fernwärmenetz Europas.

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