Wie bitte geht’s hier nach Prenzlauer Berg?

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 9. Mai 2011

Der Rosenthaler Platz ist einer der Fahrradknotenpunkte in der Stadt. Nur: Wer sich an die neuen Radmarkierungen hält, fährt zielstrebig in lauter Hosteltouristen hinein.

Etwas Gutes hat es ja, dass Radfahrer inzwischen wie Verkehrsteilnehmer behandelt werden. Immer wenn der Frühling beginnt, sehen sie sich zwar einer Art Pseudo-Tüv (Licht, Bremse, Kopfhörer?) durch die Berliner Polizei ausgesetzt. Aber dank Ampelchen, Abbiegespuren, Stoppbalken und Rotmarkierungen kann man sich jetzt auch als Berliner Radfahrer so fühlen, als rase man mit einem Porsche Cayenne über nordrhein-westfälische Autobahnkreuze.



Jüngste Errungenschaft der Berliner Verkehrserziehung ist die Neumarkierung des Rosenthaler Platzes. Er gilt schon lange als Ärgernis der Radfahrer-Community. Vor zwei Jahren hieß es dazu im Berliner Blog der „Rad-Spannerei“: „Um sich legal zu verhalten, muss man als Radler absteigen, sein Fahrrad über die Kreuzung Rosenthaler Platz schieben und kann erst dann weiterfahren.“ Der Platz ist das wichtigste Nadelöhr für alle diejenigen, die in Mitte arbeiten und in Prenzlauer Berg wohnen. Genau gesagt für mindestens 6400 Radfahrer jeden Tag, denn so viele passierten bei der letzten Verkehrszählung tagtäglich die Kastanienallee. Eigens für Radfahrer wird sie nun für 1,5 Millionen Euro mit Radstreifen eingerahmt. Aber was passiert, wenn man die Anschlussstrecke, den leicht abschüssigen Weinbergsweg, passiert hat? Genießen Radfahrer dann immer noch Vorrang? Während die Choriner Straße, die bald Fahrradstraße wird, via Gormannstraße auf die bereits als Fahrradstraße ausgewiesene Linienstraße führt, gibt die Verkehrsführung am Rosenthaler Platz Rätsel auf.

 

Ahnungsfreie Geisterfahrer

 

Die Herausforderung wartet auf den Radler in der Ebene, wie sich bei einer kleinen Alltagsbeobachtung an einem beliebigen Werktag leicht feststellen lässt. Auch zur Mittagszeit reißt der Radverkehr von Mitte in Richtung Kastanienallee nicht ab. In einer Ampelphase kommen schnell 20 Radfahrer zusammen, die sich vis à vis von völlig unbeeindruckten St.-Oberholz-Besuchern auf grünes Licht in Richtung Kastanienallee vorbereiten.



Weil am Rosenthaler Platz auch autofahrerseitig meist Stoßverkehr herrscht, trifft man hier auf Radfahrer, die sich an Ampelschaltungen halten. Das hat den Vorteil, dass man die neue Markierung eingehend studieren kann – den breiten Fahrradstreifen, der sich kurz vor Beginn des Weinbergswegs in links (Brunnenstraße/Wedding) und rechts (Kastanienallee/Prenzlauer Berg) trennt. Der Traum von der freien Fahrt kann allerdings noch von einer Straßenbahn durchkreuzt werden, oder an einem ahnungsfreien Geisterfahrer scheitern.



 

Zielsicher in Richtung Litfaßsäule – oder Schülergruppe

 

Hinter der Verzweigung fangen die Probleme für die Prenzlauer Berger Fahrer dann an. Während der Verkehr Richtung Wedding flüssig am Rande der Brunnenstraße vorbeizieht, steuert die Prenzlauer-Berg-Karawane zunächst zielsicher auf eine Litfaßsäule zu, der nur mit einer scharfen Linksbewegung ausgewichen werden kann. Spätestens jetzt stellen sich Fragen: Wie verhindere ich, in eine Gruppe von 15 Jahre alten Schülern zu rasen, die gerade aus dem Circus-Hostel strömen? Was ist hier überhaupt zu tun? Der verschämt markierte Radweg, der nicht nur gefühlt immer schmaler wird, führt zielstrebig auf den Gehweg zu, auf dem sich neben brunchenden Hostel-Gästen, Werbeständern und wartenden Trambenutzern stets zahlreiche Backpacker-Touristen die Zeit vertreiben.

Das Bezirksamt Mitte war auch während einer Zeitspanne von 48 Stunden nicht in der Lage, zu erläutern, wie sich Radfahrer an dieser Stelle richtig zu verhalten haben: Absteigen und schieben, oder einfach weiterfahren? Der logische Weg über die Tramgleise, der in der Kastanienallee (noch) ausdrücklich erlaubt wird, ist versperrt. Nur weg genau hinschaut, kann erkennen, dass unter dem Gehwegschild vor kurzem die Mini-Markierung „Radfahrer frei“ angebracht wurde. Das ist rein rechtlich eine Verbesserung. Warum aber wurde die Fahrradmarkierung dann nicht durchgezogen? Weil vielleicht auch den Planungsbeamten klar ist, dass hier ein konfliktfreies Nebeneinander von Fußgängern und Radfahrern gar nicht möglich ist?

Steigt man als Radler also ab, was kaum zu verhindern ist, dann muss man nach etwa 50 Metern wieder aufs Rad zurück – denn jetzt zwingt die Radwegmarkierung in Richtung Straße, wo der obrigkeitshörige Radfahrer zunächst mit einem Kofferraum Bekanntschaft machen wird. Fazit: Den Weg zu den Straßenbahngleisen, deren Zwischenraum dann offiziell als Radstrecke gekennzeichnet ist, sucht man sich am besten selbst.

 

 

Kennen Sie ähnliche Situationen, in denen man sich als Radfahrer kaum noch zurechtfindet? Wo ist das Nebeneinander von Radfahrern, Autofahrern und Fußgängern besser gelöst? Woran fehlt es? Schreiben Sie uns!

redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de

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