Brücken aus Spaghetti bauen

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 14. April 2011

Das Architekturforum Aedes in Prenzlauer Berg will bei Kindern die Neugier auf ihre Umgebung wecken.

 

Architektur ist Teil des kindlichen Alltags. Wie sieht meine Schule, wie der Laden um die Ecke aus und warum? Das Interesse von Kindern an ihrer Umgebung zu wecken – diese Aufgabe hat sich das Architekturforum Aedes auf die Fahnen geschrieben. Ursprünglich seit 1985 an den S-Bahnbögen am Savignyplatz ansässig, zog Aedes nach einer Station in den Hackeschen Höfen im Juni 2006 auf den Pfefferberg in das Gelände einer ehemaligen Brauerei im Südwesten von Prenzlauer Berg. Das einstige Industriegelände an der Schönhauser Allee / Senefelderplatz entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem kulturellen Hotspot im Kiez. Hier fand auch die Galerie Ikeda sowie  die Gruppe Meinblau eine Heimstatt. Aedes-Gründerin Dr. Kristin Feireiss sieht neben der Arbeit mit Kindern ihre Aufgabe darin, auch Erwachsene für Baukultur und Architektur zu interessieren. „Mir ist wichtig, dass mehr über Architektur geredet wird. Das Beispiel von Stuttgart 21 hat gezeigt, dass die Leute mitbestimmen wollen, wenn etwas in ihren unmittelbaren Umgebung gebaut wird. Man muss sich ja nicht alles gefallen lassen.“ Feireiss verfolgt mit großer Aufmerksamkeit, was im Kiez geschieht. „Wenn in den so genannten hippen Standorten die alte Mieterschaft vertrieben wird, ist das immer problematisch.“ Zu stoppen sei es freilich kaum. Zwar sei der Milieuschutz, also der Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in Deutschland durchaus ein Rechtsgut, aber seine Handhabung Sache der Bezirkspolitik. 

 

Die Welt der Zeichen

 

Derlei politische Dimensionen überfordern Schulkinder natürlich noch. Aber auch für Kinder ist jeder Schul- oder Heimweg eine kleine Erkundungstour, auf der sie Veränderungen wahrnehmen. Wieso reißt man hier ein Haus ab, warum baut man hier ein neues? Der „Aedes Junior Campus“ will die Neugier der Kinder in Kreativität verwandeln. „Es geht nicht um die Vermittlung von Architekturgeschichte, sondern um individuelles Erfahren“, sagt Feireiss. Querdenken steht hoch im Kurs. Warum soll ein Polizeigebäude nicht auch mal knallrot sein? In einer der Gruppen bauten Kinder Brücken aus Spaghetti. „Die fanden das sehr lustig, dass sie die Brücken nachher auch essen durften“, sagt Feireiss, die bereits für das Architekturmuseum in Rotterdam mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet hat. „Es war ein Experiment, aber es hat die Basis gelegt für das, was hier in Prenzlauer Berg tun.“

In Zusammenarbeit mit Schulen oder Kitas fasst Aedes die Kinder zunächst in Altersgruppen zusammen. Dann ziehen die kleinen Baumeister mit Instantkameras los und erkunden Fensterformen und Straßenzüge der Umgebung. So entstehen „mental maps“, die etwa den Schulweg eines Kindes nachbilden. Eine individuelle kleine Stadt, die dem Bewusstsein des Kindes entspricht und welche die Kinder unter Anleitung dann in 1:500 großen Modellen nachbauen: Im Mittelpunkt der Welt steht die Schule und ihre unmittelbare Umgebung. „Die Begeisterung für Architektur kann man bei Kindern mit ganz wenigen Mitteln entfalten“, sagt Jessica Waldera. Die Architekturhistorikerin leitet seit 2007 die Kindergruppen im „Aedes Junior Campus“. Über die Aufnahmefähigkeit der Kinder staunt sie jedes Mal aufs Neue. „Wir haben immer auch Kinder dabei, die mit Grundrissplänen etwas anfangen können. Die können zwar die Fachbegriffe nicht sagen, verstehen aber, was damit gemeint ist.“

Die Arbeit in den Gruppen hat auch einen praktischen Nutzen. Wenn die Kinder in Kleingruppen ihre der Umgebung abgewonnenen Eindrücke auf U-und S-Bahnpläne übertragen, wird die fremden und vorher oft unverständliche Welt der Zeichen verständlicher. 

Auf das Wissen folgt die Meinungsbildung. Das will Aedes mit dem Projekt „Stadtschlossforscher“ erreichen: Schülerinnen und Schüler der 7.- 9. Jahrgangsstufe des Berliner Willi-Graf-Gymnasiums lernen hier, sich zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschloss zu positionieren.

Finanziert wird der „Aedes Junior Campus“ zum Teil durch eine Förderung des Senats für edukative Projekte. Die Initiatoren stehen im Dialog mit verschiedenen Berliner Schulen und helfen dabei, eine gemeinsame Finanzierung auf die Beine zu stellen. Sponsoring ist dabei eine Möglichkeit.

 

Aedes Am Pfefferberg, Christinenstraße 18-19, 10119 Berlin

Öffnungszeiten: Di-Fr 11 bis 18.30 Uhr, Sa-So 13 bis 17 Uhr

www.aedes-arc.de


 

 

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