Hat der Wahlkampf schon begonnen? Die SPD wies das Bezirksamt auf illegale Künast-Plakate hin – und muss jetzt wohl selbst Strafe zahlen
Ein paar Wochen ist es her, da wollten die Grünen in der BVV die Gunst der Stunde nutzen – und der CDU im Bezirk so richtig einen mitgeben. Gemeinsam mit der Linkspartei stimmten die Grünen für einen außergewöhnlichen Antrag: Das Bezirksamt sollte prüfen, ob Parteien verpflichtet werden können, bereits angebrachte Plakate bis zum Wahltag 18. September 2011 hängen zu lassen.
Der Antrag war als kalkulierte Bloßstellung gedacht – zumal die Plakate, auf denen der CDU-Kandidat Conrad Felgner in orangener Warnweste („Felgner räumt auf“) beim Abräumen eines Weihnachtsbaums zu besichtigen war, tatsächlich einige Antworten schuldig blieben. Bot Herr Felgner den Abtransport von verwelkten Weihnachtsbäumen gegen eine Stimme für die Union an? Wie konnte man sich an ihn wenden? Und wie positioniert sich die CDU im Verhältnis zur BSR? Die Sache wurde nicht besser, als die CDU klarstellte, dass die Plakate eine Stellungnahme zum Berliner Wasser-Volksbegehren waren.
Künast ohne Sondergenehmigung
Doch die Freude der Grünen dürfte nur kurz gewährt haben. Überhaupt stellt sich nun heraus, dass auch andere Parteien ihre Hände in Sachen Wahlplakaten nicht in Unschuld waschen. Ganz hochoffiziell stellte die SPD-Fraktion kürzlich eine kleine Anfrage beim Bezirksamt, um der Frage nachzugehen, ob Plakate mit der Aussage „Renate Künast. Für Berlin“ („Beispielfoto beigefügt“) eigentlich anders zu bewerten seien als die inkriminierten CDU-Darstellungen. Mit dem Künast-Porträt wurde seit Anfang Februar für Wahlveranstaltungen der grünen Führungsfrau geworben.
Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) erklärt nun in seiner Antwort, dass der Slogan nicht anders zu bewerten sei als „Conrad Felgner CDU räumt auf – Unser Kandidat für Pankow“. Weiter schreibt Kirchner, dass das Tiefbauamt Pankow der Partei Bündnis 90/Die Grünen in Sachen Künast „keine Sondernutzungserlaubnis“ erteilt habe. Weiter: „Die festgestellten Plakate waren hier bislang unbekannt.“
Es droht eine Strafe in vierstelliger Höhe
Au weia, könnte man nun meinen, da haben sich die Grünen also selbst ein Bein gestellt. Wahlwerbung ist eigentlich nur im Zeitraum von sieben Wochen vor einer Wahl bis eine Woche nach dem Wahltag erlaubt – es sei denn, es liegt eine Sondergenehmigung vor, die die Grünen nach Aussage Kirchners aber nicht beantragt hatten. Unmissverständlich stellt der Stadtrat klar, dass im solchen Fällen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wird. „Das kann richtig teuer werden“, sagte er den Prenzlauer Berg Nachrichten. Eine vorsätzlich begangene Ordnungswidrigkeit könne schon einmal eine vierstellige Summe kosten.
Mit ähnlichen Konsequenzen muss nun auch die SPD rechnen, die sich in der Anfrage noch forsch nach „Tipps“ des Bezirksamts für Parteien erkundigt hatte, die schon jetzt Plakate aufhängen möchten. Vielleicht ist es mit der historischen Wahlpleite 2009 zu erklären, dass den Parteimitgliedern vor eineinhalb Jahren die Lust verging, alle Plakate des Kandidaten Björn Böhning im Osten Prenzlauer Bergs zu entfernen. Zwei Winter haben sie überstanden. Auch für die SPD kündigte Kirchner nun Konsequenzen an.