Rainer Bahr, Bauherr des „KolleBelle“, plant eine Blockrandbebauung an der Belforter Straße. Der Bezirk will das verhindern, jetzt gibt es ein Gutachten dazu. Bahr droht mit einer Klage.
Seit Mitte vergangenen Jahres liegt der Bauinvestor Rainer Bahr im Clinch mit der Bezirkspolitik. Der Bauherr des „KolleBelle“ in der Kollwitzstraße hat das angrenzende Grundstück an der Belforter/Ecke Straßburger Straße gekauft. Die drei dort stehenden Zeilenhäuser aus der Nachkriegszeit will er nach Osten hin mit einer Blockrandbebauung verbinden. Einige Mieter müssten dafür in andere, nach Angaben Bahrs gleichwertige, Wohnungen innerhalb der Anlage umziehen. Das hat Politiker verschiedenster Couleur auf den Plan gerufen, unter anderem protestierte der SPD-Politiker Wolfgang Thierse. Im Herbst hatte das Bezirksamt eine Bauvoranfrage von Bahrs Firma Econcept um ein Jahr zurückgestellt. Inzwischen favorisiert eine Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung den Erlass einer städtebaulichen Erhaltungssatzung. Mit einer solchen Satzung soll in der Regel eine bestimmte städtebauliche Struktur geschützt werden – Bahr könnte seine Pläne nicht mehr umsetzen. Sie muss mit einem Gutachten begründet werden. Dieses Gutachten wurde am Donnerstag im Stadtentwicklungsausschuss diskutiert, ab Montag soll es im Internet stehen. Investor Rainer Bahr nahm an der Sitzung teil.
Herr Bahr, das Gutachten, das ihre Baupläne verhindern könnte, liegt nun vor. Wie bewerten Sie dieses Gutachten?
Wir konnten uns bisher damit nur oberflächlich auseinandersetzen. Aber nach dem, was ich weiß, kann ich schon jetzt sagen, dass es sehr einseitig ist. Es findet offenbar keine Abwägung statt. Es wurde ein Büro mit diesem Gutachten beauftragt, das sehr eng über viele Jahre mit dem Bezirk zusammengearbeitet hat. Insofern liegt der Verdacht nahe, dass es ein Gutachten ist, das den beabsichtigten Zielen des Bezirks entspricht. Unser Architekt wird einen renommierten Professor beauftragen, sich dieses Gutachten anzusehen, und dann werden wir sehen, ob es einer etwas neutraleren Überprüfung standhalten wird.
Wie ist der Stand Ihres Bauvorhabens?
Wir haben Widerspruch eingelegt gegen die Zurückstellung unserer Bauvoranfrage. Es gab inzwischen eine erste Anhörung vor Gericht. Wir gehen davon aus, dass es in dieser Sache bis März eine Entscheidung gibt.
Wie erklären Sie sich den geballten Widerstand der Bezirkspolitik gegen Ihr Vorhaben?
Ich kann es schwer deuten. Man hat uns immer vorgeworfen, die Gentrifizierung voranzutreiben, alte Leute zu vertreiben, Luxusmodernisierungen durchzuführen, um unsere Rendite zu erhöhen. Genau das machen wir nicht. Wir haben die Politik frühzeitig über unsere Pläne informiert. Das Gespräch mit uns ist dann vermieden worden. Stattdessen werden Vorurteile gegen Investoren pauschal ins Feld geführt.
Baustadtrat Michail Nelken (Linke) sagte kürzlich in einem Interview mit uns, er habe Sie vor dem Kauf des Grundstücks gewarnt. Trifft das zu?
Nachdem wir eine Bauvoranfrage gestellt hatten, hat er uns gesagt: Herr Bahr, ich würde ihnen raten, das Grundstück nicht zu bebauen, sie werden viel Ärger bekommen. Ich habe mir die gesamte Historie dieses Grundstücks genau angeschaut. Im gesamten Argumentationsverlauf bis Februar 2010 wurde festgelegt, dass dort eine Blockrandbebauung hin soll, während die Innenbereiche frei bleiben sollen. Wir haben von Februar bis Ende April drei Gespräche mit dem Stadtplanungsamt geführt, und in diesen Gesprächen war nie die Rede davon, dass ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan überhaupt beabsichtigt ist. Bis zu unserer Bauvoranfrage war überhaupt nie die Rede davon, dass hier Blockrandbebauung verhindert werden soll.
In welchem Kontakt stehen sie mit den Mietern?
Es gibt eine sogenannte Mieterinitiative, aber bis heute weiß niemand, wer dahinter steckt. Niemand erklärt sich auch verantwortlich für das, was da passiert. Ich finde es schon erstaunlich, dass eine Mieterinitiative in einer so anonymen Form politisch derart hoch gehoben wird. Bei der letzten Mieterversammlung, bei der auch Stadtrat Michail Nelken und der Abgeordnete Stefan Liebich von der Linkspartei teilnahmen, erschienen nur etwa zehn Prozent der Mieter. Ich glaube nicht, dass die Mieterinitiative einen großen Rückhalt hat. Es gibt einige, die natürlich gegen ein solches Projekt sind. Es ist aber nicht so, dass wir eine geballte Front gegen uns haben. Etwa die Hälfte der Mieter ist bereit, sich mit uns an einen Tisch zu setzen, die andere Hälfte lehnt jedes Gespräch mit uns ab. Ich weiß nicht, wie wir miteinander umgehen sollen, wenn wir nicht die Chance bekommen, in einen Dialog einzutreten. Da muss man dann eben juristische Schritte gegen die Personen einleiten.
Prenzlauer Berg gehört zu dem am höchsten verdichteten Stadtteilen Berlins. Stadtrat Nelken sagt, die Investoren würden an ihrem eigenen Ast sägen, weil durch zusätzliche Verdichtung immer mehr Probleme entstehen. Wie sehen Sie das?
Ich kann diese Einstellung überhaupt nicht teilen. Alle regen sich darüber auf, dass wir in Prenzlauer Berg mit die höchsten Kaufpreise für Wohnungen haben. Die hohen Preise werden doch nicht erzielt, weil die Wohnlage immer schlechter wird. Die höchste Attraktivität, das gilt nicht nur für Berlin, haben Altbauquartiere in Zentrumsnähe in großen Metropolen. Diese sind immer dicht bebaut. Die Menschen fühlen sich in diesen Vierteln wohl. Die Gründerzeitbebauung wird von den Menschen sehr gut angenommen. Das Areal an der Belforter Straße partizipiert nur davon, dass es mitten in einem Altbauquartier liegt und letztlich die Strukturen der umliegenden Quartiere nutzt. Man kann auch nicht pauschal sagen, dass Prenzlauer Berg zu dicht bebaut ist. Es geht hier um 8200 Quadratmeter Grundstücksfläche, davon werden auch nach Schließung des Blockrands noch 5000 Quadratmeter Grünfläche sein. Es gibt kaum ein Grundstück in Prenzlauer Berg, das einen so hohen Grünanteil hat.
Wie werden Sie jetzt weiter vorgehen?
Das Bezirksamt ist gehalten, abzuwägen. Wenn es andere Stimmen zu der Frage gibt, ob die Bebauung in der jetzigen Form zu erhalten ist, stellt sich die Frage, ob es nicht auch Amtshaftungsansprüche gibt. Wenn die Erhaltungsverordnung kommen sollte, wird es ein Normenkontrollverfahren geben.
Sehen Sie noch Einigungsmöglichkeiten mit dem Bezirk?
Das hängt vom juristischen Verfahren ab. Der Idealfall wäre, dass wir uns doch noch mit dem Bezirk einigen. Wenn die Zurückstellung unserer Bauvoranfrage rechtswidrig sein sollte, sind damit Schadensersatzansprüche für den Bezirk verbunden. Der Bezirk sollte sich deshalb überlegen, ob er diesen politischen Krieg führen will, mit dem am Ende vielleicht sechs- oder siebenstellige Forderungen verbunden sind. Es wäre wünschenswert, dass der Bezirk am Ende mit uns zusammen einen Sozialplan erstellt für die Mieter, die wegen der Erweiterung in der Anlage umziehen müssen. Man wird am Ende sehen, dass die Mieter damit Leben können, auch wenn es während der Bauphase leider Baulärm geben wird.