In Berlin haben heute die freiberuflich tätigen Hebammen für zwei Tage ihre Arbeit niedergelegt, um für eine bessere Bezahlung zu demonstrieren – auch vor einem Geburtshaus am Arnimplatz.
Zum Glück sind die Berliner Hebammen heute nicht im Dienst. Mit ihren neonfarbenen Warnwesten und den Trillerpfeifen und Trommeln würden sie auch jedes Neugeborene verschrecken. Vor dem Geburtshaus Maja in der Paul-Robeson-Straße stehen sie und machen Lärm. „Wer fürs Leben arbeitet, muss von der Arbeit leben können“, steht auf einem Plakat, „Wir holen das beste aus Euch raus“ auf einem anderen. „Hebammen-Streik“ verkündet ein Banner auf einem antiken Bus, der als Streik-Mobil dient.
„Ich komme als Hebamme und damit Geringverdienerin ins Haus wie eine Bedienstete“, sagt Anja Tatschke. Sie arbeitet als freiberufliche Hebamme im Prenzlauer Berg und hat heute wie Berlinweit 600 ihrer Kolleginnen für zwei Tage ihre Arbeit niedergelegt. Sie fordern eine Verbesserung ihres Stundenlohns von derzeit durchschnittlich 7,50 Euro die Stunde. „Es muss etwas passieren, damit wir von unserem Beruf vernünftig leben können“, meint Tatschke.
Ähnlich sehen das auch Susann Neumann und Nicole Schumacher. Die jungen Frauen arbeiten in Weißensee und sind heute zur zentralen Kundgebung für Berlins Norden in den Prenzlauer Berg gekommen. „Normaler Weise haben wir fünf bis acht Termine pro Tag“, erklärt Schumacher. Besonders für Frauen, die ihr erstes Kind erwarteten, oder gerade erst entbunden hätten, sei es schwer, zwei Tage lang auf ihre Hebamme zu verzichten. „Natürlich haben wir ein schlechtes Gewissen, sie nun alleine zu lassen, aber ein Streik ist nun mal die effektivste Möglichkeit, unsere Forderungen durchzusetzen.“ Die meisten Frauen hätten Verständnis dafür.
Was wichtig sei, denn letztendlich seien die Hebammen darauf angewiesen, dass sich die betreuten Eltern für sie einsetzten, meint Neumann. „Schließlich sind die Frauen die Kunden der Krankenkassen, die über unsere Bezahlung entscheiden.“ Bisher habe man da aber Unterstützung erfahren. Die Petition an den Bundestag im Mai diesen Jahres hätten zum Beispiel über 180.000 Menschen unterschrieben – dabei seien schon 50.000 ausreichend gewesen. „Wir haben uns das ganze Jahr bemüht, unser Anliegen an die Öffentlichkeit zu bringen. Der Streit jetzt ist da nur die letzte Konsequenz.“
Als prominente Unterstützerin der Hebammen hat sich Generalsekretärin Andrea Nahles unter die Streikenden gemischt. „Als Schwangere weiß ich, wie wichtig es ist, eine gute Hebamme zu haben, auf die man sich verlassen hat“, meint sie. Da sei es nur fair, wenn diese für ihre Arbeit auch angemessen bezahlt werde. „Ich will mir als werdende Mutter aussuchen können, wo mein Kind geboren wird. Dies ist nur gewährleistet, wenn es ausreichend freiberufliche Hebammen gibt, und diese nicht durch schlechte Bezahlung aus dem Beruf vergrault werden.“